Es ströme das Recht wie Wasser

Wie das wohl gehen soll, um die Wette zu predigen? Fünf eindrucksvolle Kandidaten wiesen heute in der St. Marienkirche Kritiker des Projekt in die Schranken. Klug und witzig waren ihre Beiträge, sorgfältig durchdacht, glaubwürdig und in je eigener Weise fromm – am Ende überzeugten sie im vollem Gotteshaus von der Vielfalt evangelischer Predigt und gleichzeitig von der Einzigartigkeit des Wortes Gottes.

Fünf wunderbare Donnerwetter
Aufgegeben war ihnen als Predigttext ein Stück aus dem Propheten Amos. „Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen!“ – der Prophet spart nicht Kritik an der Religion seiner Zeit. Das nahmen die Theologinnen und Theologen in je eigener Weise auf. So verlegte Michael Goltz aus Schwabstedt den Text in die Neuzeit und ließ den Propheten auf Facebook wettern – mit den entsprechenden Kommentaren seiner Follower. Gesche Schaar, Vikarin der Friedenskirche und Vorjahres-Siegerin, ließ für Amos und Jesus „Amy“ und „Joshua“ am Arbeitsplatz zu Wort kommen. Ingo Pohl aus Keitum fragte genau nach, ob unsere kirchliche und gottesdienstliche Praxis wirklich von der Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit gedeckt werde. Hildegard Zeriadtke, Prädikantin aus Sörup, ging in das direkte Gespräch mit Gott und bat ihn, seine Haltung zu den schönen Gottesdiensten und Gesängen noch einmal zu überdenken. Sehr nachdenklich machte Philipp Busch von Föhr und ließ den Strom der Gerechtigkeit zu denen fließen, die in Unrecht leben müssen.

And the winner is….
Jeweils drei Minuten hatten die „Kontrahenten“ Zeit, und Kai Krakenberg, Kirchenkreiskantor, hatte die Aufgabe, den Predigenden einige Sekunden vor dem Ende ins Wort zu orgeln. Am Ende konnte Michael Goltz den Slam für sich entscheiden: Nach jeder Vorstellung sang die Gemeinde Strophen von „Die güldne Sonne“ und kürte mit der Lautstärke ihres Gesangs den Sieger.

Karneval auf Evangelisch
Am Sonntag Estomihi, dem letzten vor Beginn der Passionszeit, dürfe das mal sein, dieses „heilige Spiel“ erklärte Pastor Friedemann Magaard die Idee. Der Wettstreit sei ein Spiel, im Mittelpunkt stehe die Verkündigung des Wortes Gottes. Er führte witzig und eloquent durch den Gottesdienst und sorgte dafür, dass bei allem Spaß der Lobpreis im Vordergrund blieb. Gemeinsam mit Pastorin Inke Raabe hatte er das Konzept entwickelt. Letztere gab das „Opferlamm“, eine Art Testlauf außer Konkurrenz.

Der Predigttext aus Amos 5
Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen – es sei denn, ihr bringt mir rechte Brandopfer dar –, und an euren Speisopfern habe ich kein Gefallen, und euer fettes Schlachtopfer sehe ich nicht an. Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.

„Ihr kotzt mich an“ – Michael Goltz

„Es ströme das Recht wie Wasser“ Philipp Busch

Von Menschen, die Opfer bringen“ – Gesche Schaar

„Gott, du spinnst“ – Hildegard Zeriadtke

„Ich wäre gern wie Amos“ – Ingo Pohl

„Ich Schaf“ – Inke Raabe, das Opferlamm